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Suse Itzel, Stefan Hauberg


Die Vergewisserung über die Steine


Performance, Ostrale Dresden 2011

Wir stehen uns gegenüber im Abstand von ca. 5 Metern. Vor uns jeweils ein Haufen mit Bahnschienengeröll. Wir bewerfen uns abwechselnd gegenseitig mit den Steinen. Am linken Arm haben wir Metallgitter festgeschnallt. Die Performance ist beendet wenn jeder seine 300 Steine geworfen hat. Das Publikum kann sich abseits der Aktionsfläche frei im Raum bewegen. Folgende Konstruktion ermöglicht es uns dabei physisch nicht zu Schaden zu kommen:
Unser Schutzschild besteht aus einem 50 cm breiten und über Kopfhöhe hinausragenden Drahtgitter. An seiner Rückseite sind jeweils ein Griff und ein Gurt befestigt. Hinzu kommt ein Kopfschutz, gegen den das Gitter schlagen kann. Das Schild dient nicht nur als Schutz, sondern ist auch als Klangkörper und Körpererweiterung wesentlicher Bestandteil der Performance. Die rechte untere Ecke des Schildes bleibt bei allen Bewegungen auf der gleichen Stelle des Bodens. Sie bildet den Drehpunkt des Bewegungsablaufs. Die Sperrigkeit des Stahlgitters und die Monotonie der Handlung führen zu einem mechanischen Rhythmus. Gleichzeitig ist eine fließende Körperbewegung erforderlich, der das Schild organisch folgen kann. Die Bedrohung durch den Steinwurf, das Scheppern des Steins auf Metall direkt vor dem Kopf, der linke Arm registriert die Wucht jedes Aufpralls. Man gewöhnt sich sehr schnell an die Situation. Mit jedem neuen Getroffenwerden nimmt die Angst ab. Der Lidschlagreflex bleibt. Mit allmählichem Verschwinden der Angst nimmt die potentielle Gefahr wieder zu. Gewöhnung und monotone Handlung bergen in sich die Gefahr der Unaufmerksamkeit. Dem entgegen muss die Konzentration und das Bewusstsein der Verantwortlichkeit gegenüber der anderen Person permanent aufrecht erhalten werden. Auch für das Publikum soll die Bedrohlichkeit der Situation spürbar bleiben, obwohl die Performance ruhig und rituell ausgeführt wird. Die geworfenen Steine verteilen sich im Raum und nehmen ihn zunehmend ein.

Zuspitzung:
Die Performance entwickelt sich weiter, spitzt sich zu. Wir proben mit verbundenen Augen. Unsere Orientierung erfolgt über das Gehör, über den Körpersinn bei der Bewegung mit dem Schild und über das Werfen der Steine. Der Steinhaufen bildet einen weiteren Orientierungspunkt. Wir signalisieren uns mit Schnalzlauten, wenn wir geschützt hinter dem Gitter stehen und geben so auch die Position unseres Kopfes an. Wir versuchen uns ständig über den Aufenthaltsort unseres Partners zu vergewissern. Vor dem Werfen, beim Lauern auf das Signal, friert unsere Bewegung ein. Wir müssen noch trainieren, sehr hart und genau zu treffen, dabei aber die aufgrund der verbundenen Augen entstehende Ruhe beibehalten. Durch unsere Orientierungssuche und die Vergewisserung bekommen unsere Handlungen eine fremdartige Zärtlichkeit.